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Florida’s Pfannenstiel

Jemals wieder warm?! − Am Sonntag 12. Februar 2006 erreichen wir Florida und steuern sogleich das Welcome Center an. Hier erhalten wir hoffentlich viele Informationen zu Sehenswürdigkeiten und landschaftlich reizvollen Routen. Lulu freut sich darauf, endlich wieder mehr Zeit draussen zu verbringen, ohne dabei den Erfrierungstod zu riskieren. Doch ihre Erwartungen an den Sunshine State zerschlagen sich im nu, sobald wir das Auto verlassen. Der Wind bläst uns auch in Florida eisig kalt um die Ohren. Wir können nur hoffen, dass sich dies ändert, sobald wir weiter in den Süden vordringen.

Bepackt mit Infomaterial und Karten verlassen wir das Welcome Center und machen uns auf den Weg, Florida zu entdecken. Bei Pensacola verlassen wir die I-10 und nehmen statt dessen eine Strasse der Küste entlang. Leider bleibt uns die Sicht aufs Meer mehrheitlich verwehrt, weil die Küste fast ohne Ende überbaut ist. Seaside, ein kleiner Badeort an dieser Küste, gilt als Gegenbeispiel zu obengenannter Zersiedelung. Das Städtchen wurde auf dem Reissbrett entworfen und ist ein Musterbeispiel des New Urbanism. Diese Bewegung kritisiert die uferlose Ausbreitung von Städten, welche zwangsläufig mehr Individualverkehr, hohe Kosten für grossflächige Infrastrukturen (Strassen, Elektrizität, Kanalisiation etc.), das Verschwinden von Landschaften und die Anonymität der Nachbarschaften mit sich bringen. New Urbanism setzt also auf Kleinstädte mit den Vorzügen kurzer Wege und einer lebenswerten und nachhaltigen Nachbarschaft. Das Städtchen ist tatsächlich hübsch und besteht hauptsächlich aus weissen oder pastellfarbigen Strandhäuschen, Grünflächen und ein paar Geschäften und Gallerien. Schade finden wir nur, dass die Zugänge zum weissen Sandstrand meist nur über die privaten Strandhäuser erlaubt ist.

Wir fahren weiter dem Golf von Mexico entlang nach Panama City Beach. Hier ist der Zugang zum Meer öffentlich, wovon wir an mehreren Stellen Gebrauch machen. Abgesehen von einer Möwenkolonie haben wir den mehreren Kilometer langen, weissen Sandstrand alleine für uns. Das liegt wohl daran, dass die Temperaturen auch hier nicht zu einem Strandtag einladen. Die einsetzende Abendstimmung gefolgt von einem spektakulären Sonnenuntergang über dem Meer verdienen das Prädikat traumhaft und lassen uns die Kälte für einen kurzen Moment vergessen.

In Panama City checken wir in einem Motel ein. Im Nebenzimmer wird eine wilde Abschiedsparty gefeiert. Es sind Opfer vom Hurrikan Katrina (s. Bericht «Zerstörung rund um New Orleans»), die vorübergehend in diesem Motel untergebracht wurden. Morgen enden die staatlichen Zahlungen und sie müssen fortan selbst für eine Bleibe aufkommen. Dem Partylärm setzen wir eine Dreifachfolge „24“ gegenüber.

Am Morgen fahren wir weiter an der Küste des Panhandles (Pfannenstil, so wird der nordwestliche Teil Florida’s aufgrund seiner Form genannt) entlang bis nach Perry. Dieser Streckenabschnitt ist schöner als jener, den wir gestern zurückgelegt haben. Man hat viel öfters freie Sicht auf den Strand und die Orteschaften sind klein und wenig touristisch. In einem Fischerdorf  machen wir Halt und fotografieren die idyllische Bucht mit den kleinen Booten und einer Horde Pelikane.

In Perry entdecken wir einen Winn-Dixie. Die Supermarktkette erinnert uns an die Zeit mit der Familie Martens in Teslin, Yukon. Dort haben wir zusammen mit den Kindern den Film „because of Winn-Dixie“ geschaut. Irgendwie erscheint uns diese Episode schon ewig weit weg. Wie die Familie wohl dem nordischen Winter trotzt?

Nach einer Nacht auf dem WalMart Parkplatz gehen wir den nächsten Tag gemütlich an. Mit den Beads (Plastikperlenketten) vom Mardi Gras in Mobile schmücken wir die Fenster unseres Land Rovers. Frisch herausgeputzt macht sich Nanuq danach mit uns auf den Weg Richtung Süden nach Crystal River. Unterwegs machen wir einen Abstecher ins Lower Suwannee National Wildlife Refuge. Das Naturschutzgebiet erstreckt sich auf über 200 Quadratkilometern rund um das Flussdelta des Suwannee River, der hier in den Golf von Mexico mündet. Die Mischung aus Festland und Sumpfgebieten mit Salz- und Süsswasser machen das Gebiet zu einem der mannigfaltigsten Lebensräume für Fauna und Flora. Manatees (Seekuh), Delfine und verschiedene Schildkrötenarten bevölkern die Küstengebiete des Suwannee Sound. In den Salzwassersümpfen findet man viele Vögel und Schalentiere während Aligatoren, Otter, Waschbären und Wasservögel die Süsswassersümpfe ihr Zuhause nennen. Die Pinien- und Mischwälder bieten Schutz für Rehe und Truthähne und im Suwannee River tummeln sich Barsche, Wels und andere Fischarten.

Leider lassen sich bei unserem Besuch ausser ein paar Vögeln keine der oben genannten Tiere blicken. Aber auch die Flora ist vielfältig und macht den Abstecher zu einem lohnenden Erlebnis. Etwas südlich vom Lower Suwannee National Wildlife Refuge auf halbem Weg nach Cedar Key erleben wir einen wunderschönen Sonnenuntergang über dem Golf von Mexico.

Im Dunkeln fahren wir zurück zur Hauptstrasse, die uns nach Crystal River führt. Dort gönnen wir uns zur Feier des Tages (Valentinstag) ein leckeres Abendessen im Chili’s. Das danach nur noch eine Gratisnacht auf dem WalMart Parkplatz drinliegt macht uns nichts aus.